Seit Jahren lese ich Bücher über Persönlichkeitsentwicklung, Spiritualität und Bewusstseinserweiterung. Immer wieder stoße ich in diesem Zusammenhang auf die Thematik mit „dem Ego“ und wie man das Ego auflösen kann. Doch was ist das Ego eigentlich? Welche Möglichkeiten haben wir, um uns vom Ego abzugrenzen und freier zu werden?
Was ist das Ego überhaupt?
Ego ist das lat. Wort für Ich bzw. Selbstbild. Unter Ego werden jedoch je nach Philosophie, Psychologie oder spirituellen Ansichten unterschiedliche Ansätze und Bedeutung definiert. Im Grunde wird das Bild oder die Vorstellung, die man von sich hat bzw. die Selbstwahrnehmung, als das Ego bezeichnet. Wichtig ist jedoch – egal, welches Selbstbild man von sich hat, es ist und bleibt eine reine Illusion der Gedanken. Wir sind nicht unser Ego.
Unser Ego identifiziert sich mit unserem Körper und mit unserem Geist. Es ist immer da, oft laut und manchmal leise. Man könnte sagen, die Stimme in unserem Kopf, ist unser Ego. Die eine Stimme, die mit uns spricht, die uns zum Handeln vorantreibt und bestimmte Emotionen bei uns auslöst.
Das Ego ist für Ich-Denken, Lust, Ärger, Neid, Stolz, Eifersucht, Arroganz, Mögen und Nichtmögen, Verlangen, Anhaften, Heuchelei oder Erregung verantwortlich. Durch unser Ego kontrollieren wir, hegen wir Wünsche, formen Gedanken und handeln wir oft irrational, da unser Ego sich laufend in den Vordergrund drängt. Das Ego hat auch nicht immer die gleiche Meinung, rät nicht immer positive oder negative Dinge – es ist sprunghaft und passt sich an Situationen oder Gefühle an.
Unser Ego hat nichts mit unserer wahren Natur zu tun. Wir sind nicht unser Ego, jedoch glauben wir das häufig. Das was du denkst, das bist du.
Wie soll man das nun verstehen?
Wir alle haben einen Name, vielleicht sogar einen Titel. Wir gehen einem Job nach, wir leben an einem bestimmten Ort und haben um die 60.000 Gedanken pro Tag. All diese Dinge (glauben wir) definieren uns – uns als Person. Doch das sind wir nicht. Wir sind nicht unser Name, Job, Wohnort oder unsere Gedanken. Diese Punkte sind Eindrücke aus der äußeren Welt, die wir zu unserem Selbstbild geformt haben.
Wenn wir auf diese Welt kommen, werden wir ohne Ego geboren. Als Baby oder Kleinkind haben wir keine Vorstellungen davon, wer wir sind und wer wir irgendwann sein werden. Wir sind einfach wir. Nach Tagen, Wochen, Monaten und Jahren entwickeln wir eine bestimmte Vorstellung, wer wir sind oder sein sollen. Unsere Umwelt prägt uns, hat uns einen Namen gegeben und so sollen wir fortan auch existieren.
Uns wird gesagt, was wir können und was wir nicht können. Wo unsere Grenzen liegen, was unsere Hobbies sind, in welchen Dingen wir gut sind und wovon wir lieber die Finger lassen sollen. All diese Eindrücke formen uns – wir erstellen uns eine „falsche Vorstellung“ von unserem Selbst.
Wir haben nun ein „Selbstbild“ kreiert, wonach wir leben, handeln und fühlen. Um uns herum befinden sich Mauern (Grenzen), die wir nie überschreiten – wir bewegen uns täglich im gleichen Rahmen und leben eine begrenzte Vorstellung unserer Selbst.
Die Illusion unseres Selbst
Durch dieses Ego-Denken, leben wir eine Illusion von uns oder nehmen eine bestimmte Rolle rein, die uns davon abhält, uns tatsächlich voll zu entfalten. Wir leben begrenzt und nutzen nur einen Bruchteil unseres Potentials.
Passieren nun Dinge, die unser Ego nicht für gut empfindet, da es seine Grenzen schützen will, fühlen wir uns angegriffen, traurig, beleidigt oder gekränkt.
Unser Ego bezieht nämlich sein Selbstwertgefühl aus äußeren Dingen, wie Status, Beziehungen, Kultur, Aussehen oder Erfahrungen. Wenn wir uns traurig, unruhig oder negativ fühlen, gibt es da etwas in uns, dass nach mehr verknüpften Gedanken, Gefühlen oder Dramen sucht. Das ist das Ego – es nährt sich an unserem Schmerz.
Diese Grenzen engen ein, wir sind nicht wirklich frei und können besonders nicht frei wählen, wer wir tatsächlich sein wollen. Wir stecken in einer Illusion fest.
Der Weg zu inneren und äußeren Freiheit, beinhaltet das Loslassen von dieser Illusion – das Ego auflösen.
Durch das Auflösen des Egos fallen unsere Mauern und wir werden deutlich weniger verletzt sein. Ohne Ego(denken) und Selbstbild, gibt es niemanden oder nichts auf dieser Welt, was uns angreifen kann.
Wie kann man das Ego auflösen?
Die Auflösung des Egos passiert nicht in wenigen Tagen oder Wochen. Geduld, Akzeptanz und Durchhaltevermögen werden benötigt, um diesen Zustand in die Tat umzusetzen. Ich arbeite seit Jahren daran und kann immer noch nicht ganz von meine Ego loslassen – zumindest nicht immer.
Ich habe noch meine Themen mit Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit. Diese Punkte triggern mich, da ich selbst stets versuche pünktlich und zuverlässig zu sein (Ego-Denken: Ich bin püntklich und zuverlässig!). Ist es mein Gegenüber nicht, dann wird mein Ego immer lauter und lauter.
Um sein Ego aufzulösen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten und Methoden.
Meditation
Bei der Meditation lässt man sein Selbstbild nach und nach los – man löst sich von seinen Gedanken, Vorstellungen und der Rolle, die man vorgibt zu sein. Man konzentriert sich auf sich, seinen Körper und seine Atmung. Bei der Mediation versucht man sein Denken anzunehmen und wiederkehrende (meist negative) Gedanken ziehen zu lassen. Man nimmt sie an, wertet sie nicht und lässt sie dann wieder los.
Zum Beobachter werden
Diese Gedanken, die vom Ego gesteuert werden, sind nicht wir – wir sind der Beobachter und nicht der Gedanke. Sobald ein Gedanke hochkommt, der uns zu einem bestimmten Denkmuster oder zu einer Handlung „zwingt“, sollten wir versuchen diesen Gedanken wahrzunehmen, aber aus der Beobachterperspektive. Die Ego-Stimme beobachten, heißt nicht, diese Stimme zu verurteilen, kritisieren oder zu bekämpfen. Man beobachtet, nimmt an und akzeptiert.
Beispiel:
Ich habe mich mit einem Bekannten verabredet und er verspätet sich. Während ich am Treffpunkt sitze und warte, kommen unzählige Gedanken auf. „Der ist schon wieder zu spät. Glaubt er, ich habe meine Zeit gestohlen? Was bildet der sich ein? Der nimmt mich doch nicht ernst!“ – diese Gedanken sind das Ego.
Nun ist es wichtig, dass wir diese Gedanken erkennen, die Stimme hören und mit ihr nicht in einen Monolog gehen. Wir werden achtsamer und beobachten unser Bewusstsein. Wir betrachten die Stimme und Gedanken, nehmen sie wahr, aber werten sie nicht.
„Ok, er ist noch nicht da“ Gedanke zieht weiter.
Während wir sitzen und warten, könnten wir doch die Zeit effektiver nutzen. Wir starten ein Gespräch mit einer Person in der Umgebung. Rufen einen Freund an. Wir lesen ein paar Zeilen in einem Buch. Beobachten das Treiben auf der Straße. Wir erledigen eine Kleinigkeit im Haushalt. Checken unsere Mails etc., etc. ..
Es ist wichtig, dass wir erkenne, dass wir nicht unsere Gedanken und Emotionen sind. Sondern wir sind diejenigen, die sie sehen (beobachten). Sobald wir diesen „Vorgang“ verinnerlicht haben, uns dessen bewusst werden, beginnt sich das Ego aufzulösen.

Im Moment bleiben
Wenn die Stimmen im Kopf laut werden, ist es wichtig im Moment zu bleiben und nicht seinen Gedankenmustern zu folgen. Kein innerer Monolog und keine Geschichten kreieren. Unser Ego bringt uns gerne dazu negative Gedanken zu folgen und das Unglücklichsein in uns zu aktivieren – es nährt sich sozusagen daran. Es ist nicht die eigentliche Situation, die uns traurig, wütend, eifersüchtig oder neidisch macht, sondern die Story’s, die in unserem Kopf entstehen. Es ist wie eine kaputte Kassette, die sich immer wieder abspielt. Im Moment leben und Situation Situation sein lassen. Der Ego-Stimme keine Aufmerksamkeit schenken – beobachten, akzeptieren und nicht beurteilen.
„Hingabe ist die einfache, aber tiefgründige Weisheit, einen Ertrag einzuholen anstatt sich dem Fluss des Lebens entgegenzusetzen.“ > Eckhart Tolle
Wie holt man sich in den gegenwärtigen Moment?
Mediation ist ein gutes „Hilfsmittel“, um sich in den gegenwärtigen Moment zu holen bzw. es zu üben. Wenn meine Gedanken laut werden, ich gestresst bin und nicht im Hier und Jetzt lebe, wende ich folgende Übungen an.
- Ich werde zum Beobachter meiner Gedanken.
– Akzeptiere und lasse den Gedanken ziehen - Meine Aufmerksamkeit lenke ich auf meine Umgebung – was sehe, rieche oder fühle ich hier?
- Ich versuche mich selbst zu spüren, indem ich beispielsweise ein Buch lese und das Buch unter meinen Händen deutlich spüre. Beim Autofahren halte ich das Lenkrad fester, oder beim Gehen nehme ich den Untergrund unter meinen Füßen wahr. Ich versuche durch meinen Tastsinn mich in die aktuelle Situation zu versetzen.
- Ich konzentriere mich auf meine Atmung und folge der Luft bis in meinen Bauch und wieder zurück.
- Versuche die Energie in meinem Körper zu erspüren, ihr zu folgen und sie durch meinen Körper fließen zu lassen.
Das Ego auflösen ist nicht einfach, aber machbar. Es handelt sich hier, um eine längere Reise, die jeder von uns bewältigen kann. Mit Geduld, Wille, Einsicht und Freude lässt sich dieser Zustand von innerer Freiheit erreichen.
Hat jemand von euch sich mit diesem Thema bereits befasst? Habt ihr Erfahrungen damit gesammelt? Würde mich sehr über einen Austausch freuen und wünsche euch einen wunderbaren Tag – eure Nina.
Wundervoll beschrieben liebe, Nina.
Es ist schön zu lesen, dass es scheinbar nicht nur mir so geht. 😅
Wie auch du hatte ich irgendwann den Weg zur Spiritualität und Persönlichkeitsentwicklung gefunden und musste leider erkennen, dass all das mich nicht dort hinbringt, wo ich hin wollte. Statt mich vom Ego zu befreien lernt ich, wie ich es streicheln und sänftigen konnte. Das kann unter Umständen sogar sehr hilfreich sein, war aber nicht das, wonach ich suchte.
Heute bin ich davon überzeugt, dass das Ego, bzw sein Entstehen nicht zufällig geschieht. Das Ego weist bestimmte Muster und Mechanismen auf. Es ist ein System, welches feinsäuberlich auf mentaler und körperlicher Ebene ,,installiert“ wurde.
Ich würde sogar fast soweit gehen und sagen, dass vieles in der Welt dazu dient, dass die Frequenz gesenkt wird und somit das Ego gestärkt.
Das Gefühl, dass etwas ganz gewaltig nicht stimmt begleitete mich schon so lange, wie ich mich erinnern kann, konnte es nur nie wirklich zuordnen, bis ich meinen ersten Egotod fand.
Das war mit Abstand die schlimmste und schönste Erfahrung meines Lebens. Wie kommt man damit klar, wenn man erkennt, dass alles eine Lüge ist und man nie der war, der man glaubte zu sein? 😄
Menschen reden sich ein, dass ohne Ego jegliche Individualität und Einzigartigkeit verloren gehen würde. Das sehe ich anders, ohne Ego und somit ohne irgendwelche Grenzen, kann doch erst die volle Einzigartigkeit zum Vorschein kommen. Erst dann sind wir fähig zu wahrer Liebe. Erst dann können wir sein, wer oder was wir schon immer waren.
Man kann den Menschen von ,,Gott“ nicht trennen., man kann aber ,,Gott“ vergessen lassen, wer er ist.
Hallo Chris!
Danke für deine Nachricht und sorry für meine späte Antwort.
Klingt sehr interessant und wie du sagst: eine schlimme und gleichzeitig schöne Erfahrung.
Das Thema ist so komplex und gleichzeitig einfach, doch erst, wenn man seinen Weg gefunden hat, erkennt man das.
Ich glaube auch nicht an Zufälle, sondern das alles im Leben einen Sinn hat und wir an unseren Erfahrungen wachsen.
Danke für den Austausch.
Liebe Grüße Nina 🙂
Hallo Nina, weil ich über diese Seite zu dir gefunden habe – schreibe ich mal hier – nein keinen Kommentar – das ist überflüssig und wäre *** – zumindest für das Gesamt-Kunstwerk – es mach mir große Freude deine Website zu durchstöbern – DANKE – und ich höre immer noch in mich hinein, ob ich mich in die Texte, die Bilder, das Essen, die Gesamtkomposition oder gleich in die Frau verlieben darf, soll, will oder werde, die ich da erahnen könnte. Ich hoffe, wenn es dich überhaupt gibt – dir damit nicht zu nahe zu treten. Ich will, was ich fühle, mal ergänzen mit einem kleinen Gedicht:
Ich sah in den Spiegel und sah das hässliche,
ich zerschlug ihn
Ich sah in den Spiegel und sah das Schöne, ich wollte es festhalten
und es rannte weg
Ich sah in den Spiegel und hinter all dem Hässlichen und Schönen erahnte ich, die unendliche Weite des Universums, sah dort die Sonne, den Mond und die ungezählten Sterne – alles an seinem Platz gehalten von der unsichtbaren Kraft Gottes.
Norbert